Gestures in Practice
Workshop III / Berlin-Köpenick
An fünf Tagen Intensivworkshop, verbunden mit einer Residency in den Lake Studios in Berlin, hat die Gruppe weiter am Ideenaustausch zur Ausstellung und zum Symposium im Dezember im Berliner Kunstquartier Bethanien gearbeitet.
Economies of Gesture
Florian Bettel, Irina Kaldrack und Tobias Schulze erkunden als Arbeitsgruppe zeitgenössische Ökonomien der Geste. In Berlin startete die Gruppe mit einer weiterführenden Recherche zu musical.ly und diskutierte Fragen der Kommunikation, Etikette, agonaler Konstellationen und der Adaptation von Körperbewegungen. Das verbindende Element dieser Themen war der integrale Gebrauch von Technologie sowie die technologischen Interdependenzen mit Ökonomie und Arbeit.
Gesture & Labour
Die Gruppenmitglieder tauschten Materialsammlungen aus und konzentrierten sich auf Formen der Effizienz im Kontext von Handarbeit und automatisierten Produktionsumgebungen. Der Terminus „Lost Motion“, von Frank Gilbreth in seiner Arbeit aus dem frühen 20. Jahrhundert formuliert, zog das besondere Interesse der Gruppe auf sich. Florian Bettel zog Verbindungen zur Spieltheorie, während Konrad Strutz eine Skizze für eine Videoarbeit zu Gesten präsentierte, die aus industriellen Kontexten stammen und anschließend für nicht-produktive Zwecke eingesetzt werden.
Surveillance and Gesture
Als ersten Aufschlag haben Laurie Young und Konrad Strutz Videoaufnahmen von sich selbst produziert, bei denen sie eine Variation von „Gangarten“ vor einem Raster aufgeführt haben, das in ähnlicher Form in der Chronophotographie eingesetzt wurde. Aus diesem Prozess entwickelten sich spezifische Fragen in der Gruppe zu politischen und sozialen Aspekten ihres Grundkonzepts – nämlich Bewegungen so zu verändern, dass sie Überwachungskontexten entgehen und „Tiere“ als Mittel für Bewegungsfreiheit zu verkörpern –, u.a. was das im Kontext der Rassifizierung von Immigrationspolitik implizieren mag.
Social Choreography
Der Ausgangspunkt von Timo Herbst und Laurie Young war es, eine soziale Choreographie für den öffentlichen Raum in und um das Gebiet des Kunstquartier Bethanien zu entwickeln, die die verborgenen choreographischen Trigger von Stadträumen exponiert und zeigt, wie Körper zum Gehorsam aufgefordert werden. Beim Besuch des Ausstellungsraums realisierte Laurie Young, dass das Gebäude des Bethanien nicht umfänglich für Rollstuhlfahrer zugänglich ist. Nachdem der Hausmeister sie informiert hatte, dass es keine Rollstuhlrampen im Haus für die ersten Stufen zum Studio 1 gibt, entschieden Young und Herbst sich, dieses Problem zu adressieren, indem sie Rampen bereitstellen. Diese Idee entwickelte sich dazu weiter, Rampen als wiederkehrendes Thema im Ausstellungsraum als choreographische Objekte zu installieren, durch die die Körper der Besucher*innen aktiviert werden sollen.
Transforming Political Gestures
Dina Boswank, Timo Herbst und Irina Kaldrack entwickelten ihre performative Installation „Transforming political gestures through a chain“ weiter, die sich mit Gesten und Handlungen während der Proteste und Aufstände gegen G20 in Hamburg beschäftigt. Eine erste Version wurde 2017 als Lecture Performance auf einer Konferenz an der Uni Potsdam präsentiert und eine zweite wird im Oktober 2018 im Kunstverein Leipzig gezeigt werden. Dafür wird die Arbeit als performative Installation weiterentwickelt. Im Umgang mit dem Material entsteht ein Denk- und Erfahrungsraum, der den Stellenwert von “politischer Geste” befragt
Timo Herbst editierte einen zweiten Film auf der Basis von Beobachtungen der Gruppe dazu, welche unterschiedlichen Agenden Handlungen und Gesten haben und welche Ordnungen sie im öffentlichen Raum etablieren.
Mit einem Vergleich der Lektüre von Oliver Marchart und André Lepecki begannen Timo Herbst und Irina Kaldrack eine textliche Dramaturgie zu entwickeln.
Dina Boswank arbeitete zu Interviews über Beschreibungen von Pressefotos zu G20.